So oder so ähnlich wird mancher Milchviehbetrieb denken, wenn ein Bullenkalb zur Welt kommt. Männliche Tiere haben für reine Milchviehbetriebe keinen wirtschaftlichen Nutzen, denn sie geben keine Milch.

Mit einem relativ geringen Marktwert stellt das Tier häufig schon mit seiner Geburt einen wirtschaftlichen Schaden da. Die Versorgung der Kälber wird daher auf vielen Betrieben so kostengünstig und zeitsparend wie möglich gehalten. Die Kolostrumgabe lässt oftmals zu wünschen übrig, ganz zu schweigen von der weiteren Versorgung. Bislang wurden die männlichen Tiere nach 14 Tagen an spezialisierte Mastbetriebe, häufig im europäischen Ausland, abgegeben. Dort werden die Tiere für die Kälber- oder Rosémast eingesetzt. Durch die meist schlechte Grundversorgung und den Transport, ist das Immunsystem der Kälber geschwächt. Und auch die nächsten Wochen sind kritisch. Damit möglichst wenige Kälber erkranken, wenn sie in den Mastanlagen mit fremden Artgenossen zu großen Gruppen zusammengeführt werden, bekommen die Tiere vorbeugend regelmäßig Antibiotika.

Durch die neue Kälbertransportverordnung sind Milchbetriebe in Zukunft gezwungen, die Kälber mindestens 28 Tage zu behalten, bevor sie transportiert werden dürfen. Bislang übernahmen den Großteil der Aufzucht die Kälbermäster – spezialisierte Betriebe mit dem nötigen Know-how. Nun wird ein entscheidender Teil der Aufzucht umgelagert auf den Milcherzeuger. Wenn dieser die Kälber zwar weiter füttert, aber nicht optimal versorgt, wird der Mastbetrieb Schwierigkeiten bekommen, später das nötige Schlachtgewicht zu erreichen. Denn ein guter Lebensstart der Kälber hat Auswirkungen auf die späteren Tageszunahmen. Gut versorgte Kälber werden demnach künftig herausragen und Betriebe, die ihre Kälber nur notdürftig verpflegen, bekommen in Zukunft Probleme.

Die höheren Aufzuchtkosten sind kaum zu senken aber bei der Versorgung der Kälber zu sparen wird in Zukunft keinen Sinn machen, da die Unterschiede bei älteren Kälbern noch deutlicher sichtbar sind. Am wirtschaftlichsten ist die verlustarme Aufzucht, denn gesunde Kälber bedeuten weniger Arbeit, weniger Zeit und weniger Kosten. In Zukunft wird der Fokus also auf Gesundheit und nicht auf Kostenreduzierung liegen müssen.

Spannend bleibt die Frage nach den Preisparametern, nach denen die Kälber in Zukunft bezahlt werden. Wird wie gewohnt pro Tier, statt pro kg Lebendgewicht abgerechnet, ist eine kostendeckende Aufzucht männlicher Kälber kaum realisierbar. Viele Betriebe werden dann vermutlich in die Mastkreuzung gehen. Dennoch sollten die Bemühungen eines jeden Betriebes in die Richtung gehen, auch bei der Aufzucht von Bullenkälbern in Zukunft auf Qualität zu setzen.