SPRAYFOKUS

SPRAYFOKUS EDITION 2023-01

Zu Besuch bei Berghuis Kälberhandel

SPRAYFOKUS

Zu Besuch bei Berghuis Kälberhandel

Mit Achtung vor dem Tier und der Gesundheit

Am Rand von Ibbenbüren, mitten im Tecklenburger Land, liegt der Betrieb Berghuis.

Seit über 45 Jahren handelt die Familie Berghuis mit Kälbern. Inzwischen ist das Familienunternehmen zu einer stattlichen Größe herangewachsen. Pro Woche durchlaufen mittlerweile circa 3.000 Tiere den Betrieb. Im Jahr 2002 wurde die große Kälberhalle mit einer Brückenwaage und einer Indoor-Verladung errichtet, das Betriebsgelände erweitert, und in 2014 erneut vergrößert. In 2016 wurde das BCS-System (Berghuis- Calf-Select) entwickelt und eingebaut. Hier werden nun nach dem einzelnen Wiegen die Kälber automatisch, nach festen Kriterien, in fünf verschiedenen Gruppen vorsortiert. Im Dezember 2022 wurde dann mit dem Neubau eines weiteren Kälberstalls begonnen, um auf die Änderungen der Tiertransportverordnung reagieren zu können.

Henning Haut (Ein- und Verkauf Niederlande) führt uns durch den Betrieb und erklärt die Besonderheiten des Stallkomplexes. Wir sind an einem Mittwoch, dem Haupt- Verladetag, dort. Gleich beim Eintreten in die Stallungen fällt uns auf, wie ruhig es inmitten der über 2.000 Kälber ist. Es riecht nach frischem Stroh und der Stall ist angenehm warm. Von Hektik und Stress keine Spur.

Montags und dienstags werden die Kälber von den regionalen Lieferanten, den Viehhändlern und Viehgenossenschaften, zusammengesammelt und in den firmeneigenen Stallungen registriert, sortiert und in Gruppen untergebracht. Dienstag und Mittwoch sind die Verladetage, an denen die Kälber an die entsprechenden Abnehmer geliefert werden. Donnerstags und freitags werden die Stallungen gemistet und desinfiziert und für die Ankömmlinge der kommenden Woche vorbereitet.

Neuankömmlinge – wie läuft die Ankunft neuer Kälber ab?

Die Kälber kommen unsortiert in der großen Ankunftshalle an. Sobald sie den LKW verlassen, laufen sie einzeln durch eine Waage, an der elektronisch alle Daten des Kalbes registriert werden. Es werden neben Rasse und Geschlecht auch das Gewicht und die Qualität und Konstitution des Tieres erfasst. Darüber hinaus wird dort auch jedes Tier aus vier verschiedenen Positionen fotografiert. Diese Bilder unterstützen eine nachträgliche Bewertung der Kälber und können z. B. auch bei tierschutzrechtlichen Fragen hinzugezogen werden. Die Daten jedes Kalbes sind sowohl übers Handy, als auch über den PC einsehbar.

Anschließend öffnet sich die Tür der Waage entsprechend der Rasse, dem Geschlecht und dem Gewicht des Tieres, sodass die Kälber automatisch in homogene Gruppen sortiert werden. „Wir können etwa 360 Kälber pro Stunde wiegen. Alles, was darüber hinausgehen würde, wäre hektisch und nicht tiergerecht“, erklärt Henning Haut. Die Einschätzung des Mitarbeiters an der Waage spielt bei der Sortierung ebenfalls eine große Rolle. „Hier wird auch auf das Allgemeinbefinden der Kälber geschaut. Kranke und schwache Kälber kommen in einen separaten, beheizten Stall und müssen die weitere Sortierung nicht durchlaufen.“

Die Tiere werden zusätzlich mit Farben und bunten Halsbändern markiert, um sie später den Kunden zuordnen oder beispielsweise Kreuzungstiere oder Tiere ohne Pass identifizieren zu können. Für die Kundenzuordnung werden die Kälber später noch mit Farbmarkierungen versehen. Von den 3.000 Kälbern sind rund 65 % der Kälber männliche Holstein Friesians. Die anderen männlichen und weiblichen Kälber sind ein Mix aus unterschiedlichen Kreuzungsanpaarungen, wobei hier ein Hauptaugenmerk auf den Kreuzungen mit Weißblauen Belgiern liegt. Die meisten Kälber, etwa 2.200 Stück, gehen in den Export in die Niederlande. Der Rest wird vorwiegend in Deutschland verkauft.

Unterbringung – mit dem besonderen Augenmerk auf das Tierwohl

Es werden immer Gruppen von 20 Kälbern in eine Box sortiert. Alle Kälber bekommen nach der Ankunft die selbst entwickelte Elektrolytlösung Alimentyl®Gold. Tiere, die länger als 12 Stunden in der Sammelstelle bleiben, bekommen außerdem eine hochwertige Kälbermilch (SPRAYFO Royal) vertränkt. „Royal ist zwar nicht die günstigste Kälbermilch, aber die gute Qualität macht sich bezahlt“, erklärt Haut.

„Für die Tiere ist die Milch sehr leicht verdaulich. Unser Ziel ist es, die Körpersubstanz der Tiere, in der Zeit, in der sie hier sind, zu erhalten. Besser machen können wir die Tiere nicht, aber die Kälber verlassen diesen Stall alle in dem gleichen Zustand und mit dem gleichen Gewicht, mit dem sie gekommen sind.“ Die Fütterung erfolgt über eine Tränkestation, in der 4 x 10 Kälber gleichzeitig versorgt werden können. Die Milch wird mit 40 °C am Nuckel vertränkt. Nach jeder Fütterung werden die Nuckel automatisch gereinigt und desinfiziert. Ein Mal wöchentlich werden alle Tröge und Nuckel komplett ausgebaut.

Nach dem Füttern haben die Kälber sechs Stunden Ruhepause, bis es an die Verladung geht. Die Ruheboxen sind sehr großzügig mit Stroh eingestreut, wodurch eine trockene Wärme entsteht. Die hohen, geschlossenen Seitenwände erzeugen ein beruhigendes Mikroklima in jeder Box. An den Decken sind Ventilatoren angebracht, die die Luft im Stall in leichte Bewegung bringen. „Durch das kontrollierte Tränken mit hochwertigen Produkten und die Reduzierung möglichst vieler Stressfaktoren im Sammelstall und auf dem Transport, unterstützen wir die Tiere, dass sie fit beim Kunden ankommen“, sagt uns Haut.

Verladung – trockenen Fußes und ohne Stress auf die LKW

Seit dem Jahr 2000 hat die Firma Berghuis eine Indoor- Verladung. „Wir sind sehr glücklich über diese Lösung, denn wir können hier auch bei Wind und Wetter verladen, ohne dass die Kälber und Mitarbeiter nass werden oder hohen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind“, sagt Haut. „Bei der Verladung ist es wichtig, gutes Licht zu haben und weiche Übergänge zu schaffen, um den Kälbern die Angst vor der Rampe zu nehmen. Reichlich Stroh macht den Aufstieg einladend und die Kälber marschieren von allein auf den Transporter“. Die Tiere werden ausschließlich mit Paddeln oder von Hand getrieben. „Wir arbeiten nicht mit Elektrotreibern oder spitzen Gegenständen“, erklärt uns Haut. „Das ist uns sehr wichtig, denn jede physische Verletzung kann auch nach Monaten noch auf dem Leder nachgewiesen werden. Deshalb legen wir viel Wert darauf, dass die Tiere sich bei uns nicht verletzen.“ Für diesen Zweck hat die Firma Berghuis auch speziell konstruierte Wand- und Torsysteme mit runden Ecken entwickelt.

Transport – auf zwei Etagen möglichst kurze Wege

Bislang konnten 270 Kälber pro LKW untergebracht werden. Da die Kälber nun größer und schwerer sind, kann statt 3-stöckig nur noch 2-stöckig geladen werden. Durch Größe und Gewicht der Kälber verringert sich das Ladevolumen auf 160 Tiere pro LKW. Aufgrund dieser Verschiebung wurde bereits in neue Spezialfahrzeuge mit einer Innenhöhe von 1,2 m investiert, wodurch weiterhin 3-stöckig geladen werden kann. Dadurch können wieder 240 Tiere auf einem LKW Platz finden und die Wirtschaftlichkeit und das Tierwohl stehen somit wieder im Einklang.

Die Transportverordnung für Langstreckentransporte von Kälbern sieht es vor, dass nicht entwöhnte Kälber nach einer neunstündigen Fahrt mindestens eine einstündige Tränkepause haben müssen.

„Wir planen in Zukunft unsere LKW mit einem Tränkesystem auszustatten, sodass wir die Tiere nicht abladen, sondern auf dem Transporter füttern und eine Stunde ausruhen lassen können“, sagt Haut. „Bis dahin planen wir unsere Transporte so, dass kein Kalb länger als acht Stunden unterwegs ist“.

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