SPRAYFOKUS EDITION 2024-01

Die Physiologie des Trinkens

Die Physiologie des Trinkens

Die Physiologie des Trinkens Kälber sind Säugetiere – lasst sie saugen!

Kälber sind genau wie wir Menschen Säugetiere. Sie haben zur Nahrungsaufnahme einen unbedingten, angeborenen Saugreflex. Mit der Berührung an Maul und Zungenspitze wird der lebensnotwendige Reflex ausgelöst. Das Kalb stellt mit seiner Zunge einen Unterdruck in seinem Maul her und kann so die Zitze entleeren. Durch das Nachlassen des Drucks kann sich diese wieder füllen.

Wie wenden wir dieses Wissen in der Praxis an?

Im Laufe der letzten Jahre wurde viel an der Zusammensetzung von Milchaustauschern geforscht. Wir wissen, dass die Tränketemperatur und -konzentration einen großen Einfluss auf die Gesundheit unserer Kälber hat. Aber es zeigt sich immer mehr, dass nicht nur das „WAS“, sondern auch das „WIE“ einen großen gesundheitlichen Einfluss hat. Die Physiologie des Trinkens ist ein Bereich, dem bisher zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Ob Kälber aus Schalen, an Standardnuckel mit einem Rückschlagventil saufen oder aktiv auf natürliche Weise durch Unterdruck saugen, macht nicht nur einen Unterschied bei der Verdauung, sondern hat nach neusten Forschungen auch Einfluss auf das Auftreten von von z.B. Ohrenentzündungen.

Nun wäre die logische Konsequenz die Kälber über ein System zu füttern, bei dem sie dem natürlichen Saugreflex nachgehen können. Die Praxis zeigt allerdings oft ein anderes Bild, denn viele Nuckeleimer sind (noch) mit Rückschlag- oder Kugelventilen ausgestattet.

Tränkesysteme, bei denen das Kalb effektiv saugen muss, damit Milch aus dem Nuckel kommt (z.B. HIKO 1-Click und Wennemars), stillen den natürlichen Trieb der Tiere.

Was sind die genauen Vorteile?

Das Saugen aus dem Nuckel ist für die Kälber mit Kraftaufwand verbunden und dauert länger, dadurch speichelt das Kalb mehr ein. Der Speichel hat natürliche antimikrobielle Eigenschaften, um die Immunität zu stärken. So kann der pH-Wert im Labmagen ausgeglichen und die Milch besser verdickt werden. Die langsamere Milchaufnahme in Kombination mit dem zusätzlichen Speichel gibt Chymosin und anderen Enzymen Zeit die Milch zu spalten. Dies führt zu einer besseren Verdauung und zu einem besseren Wachstum der Tiere. Hier spielt der Härtegrad der Nuckel eine große Rolle. Je härter der Nuckel, desto länger braucht das Kalb zum Trinken und es wird mehr Speichel produziert. Die Tiere können ihrem Instinkt nachgehen, gegenseitiges Besaugen kann so vermindert werden. Besonders kleine Kälber saufen oftmals besser, wenn sie sich die Milch selbst portioniert aus dem Nuckel saugen können.

Auch die Anbringungshöhe des Nuckels kann einen Einfluss auf die Kälbergesundheit haben. Wenn beim Saufen die Nase des Kalbes höher als die Augen liegt, besteht nicht nur die Gefahr des Verschluckens, sondern es werden auch mehr Fälle von Tympanie (Aufblähen) sichtbar. Bei einer falschen Stellung von Kopf oder Hals kann die Schlundrinne icht ausreichen geschlossen werden und es besteht die Gefahr, dass Milch in den Pansen läuft. Dort führt sie zu Fehlgärungen, Entzündungen und einer Toxinbildung.

Somit hat das Saugen der Tiere sehr viele positive Effekte auf die kurz- und langfristige Gesundheit und vereint die Instinkte eines Säugetiers mit der modernen Kälberaufzucht.

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